Geschlechtsidentität jenseits von Mann und Frau
Non-Binary People’s-Day: Darum geht es am Aktionstag
Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau fühlen, bezeichnen sich als nicht binär.
Quelle: Roberto Pfeil/dpa
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Die Vorstellung, dass Menschen sich zwingend einem von zwei Geschlechtern zuordnen müssen, ist längst überholt. Auf die Existenz von nicht binären Personen macht jedes Jahr am 14.Juli der International Non-Binary People’s Day aufmerksam. Doch was genau wird an dem Tag eigentlich gefeiert?
Männlich, weiblich, divers – dass es biologisch gesehen nicht ausschließlich zwei Geschlechter gibt, ist inzwischen wissenschaftlicher Konsens. In Deutschland wurde deshalb 2018 eine dritte Kategorie ins Geburtenregister eingeführt: divers. Darunter werden alle Menschen zusammengefasst, die physiologisch gesehen in keine der beiden Geschlechterkategorien passen. Viele von ihnen bezeichnen sich auch als intersexuell.
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Aber auch unabhängig von körperlichen Merkmalen gibt es Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, sondern irgendwo dazwischen oder ganz außerhalb verorten. Das binäre Geschlechtersystem, in dem es nur Frauen und Männer gibt, ist vielen zu eng. Sie lehnen die Kategorisierung in zwei Geschlechter ab und bezeichnen sich als nicht binär oder nonbinär. Der Internationale Tag der nicht binären Menschen wird jedes Jahr am 14. Juli gefeiert und will auf die Situation nicht binärer Menschen aufmerksam machen. Aber was bedeutet es genau, nicht binär zu sein?
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Den International Non-Binary People’s Day gibt es seit 2012, er wurde von Schrifsteller*in Katje von Loon ins Leben gerufen. Von Loon bezeichnet sich selbst als nonbinär. Das Datum am 14. Juli liegt genau zwischen dem Internationalen Frauentag am 8. März und dem Internationalen Männtertag am 19. November. Der Aktionstag will auch den Blick für Probleme schärfen, mit denen nicht binäre Menschen überall auf der Welt konfrontiert sind – von falschen Zuschreibungen bis zu Beleidigungen und Gewalt.
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Nicht binär: Geschlechtsidentität kann sich ändern
Nicht binär zu sein bedeutet, sich nicht oder zumindest nicht vollständig als Mann oder Frau zu fühlen. „Genderqueer“ ist laut der Bundeszentrale für politische Bildung ein anderes Wort für eine nicht binäre Geschlechtsidentität und wird häufig als Synonym verwendet. Der Begriff schließt auch die Möglichkeit von Veränderungen der Geschlechtsidentität mit ein. Genderfluide Personen können sich also an manchen Tagen eher einem bestimmten Geschlecht zugehörig fühlen, an anderen Tagen einem anderen, mehreren gleichzeitig oder gar keinem. Geschlecht wird daher eher als ein Spektrum angesehen, anstatt als feste, unveränderliche Kategorien. Auch Stars wie Demi Lovato oder Sam Smith bezeichnen sich als nicht binär.
Viele Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau fühlen, lehnen auch die geschlechtsspezifischen Pronomen sie/ihr und er/ihm ab und suchen stattdessen nach Alternativen. Im englischen Sprachgebrauch haben sich die neutralen Pronomen they/them schon recht gut etabliert. Im Deutschen verwenden einige nicht binäre Personen die Wortneuschöpfungen dey/deren. Diese Neopronomen sind aber noch wenig bekannt.
Nicht binäre Identität ist unabhängig von sexueller Orientierung
Nicht binäre Menschen haben eine eigene Flagge mit den Farben Gelb, Weiß, Lila und Schwarz gestaltet. Gelb steht dabei für Menschen, deren Geschlechtsidentität außerhalb der binären Norm liegt. Der weiße Streifen steht für Menschen mit vielen Geschlechtern, Lila für eine Mischung aus männlicher und weiblicher Identität und Schwarz für Menschen ohne Geschlechtsidentität.
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Unterschieden wird zwischen der Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung. Dass sich eine Person als nonbinär bezeichnet, sagt also nichts darüber aus, welche sexuellen oder romantischen Vorlieben sie hat. Auch körperliche Geschlechtsmerkmale müssen dabei keine Rolle spielen. Nichtsdestotrotz bezeichnen sich auch viele intersexuelle Personen als nonbinär in ihrer Geschlechtsidentität.
Wovon die Geschlechtsidentität abhängt, ist wissenschaftlich nicht eindeutig geklärt. Fest steht aber, dass sie nicht zwingend mit körperlichen Merkmalen zusammenhängt, sondern von einer Vielzahl von körperlichen wie psychischen oder biografischen Faktoren beeinflusst wird. Auch gesellschaftliche Vorstellungen spielen eine große Rolle.
Wie viele Menschen in Deutschland sich als nicht binär bezeichnen, lässt sich nur schwer sagen. Studien gehen von ungefähr 1,7 bis 2,1 Prozent der Bevölkerung aus.